Donnerstag, 29. November 2007

Was ich vermisse und vermissen werde

Schon bald heisst es nun Adieu Singapore und es gibt viele Dinge, die ich dann wieder geniessen werde in der Schweiz. Andersrum werde ich - kaum in Zürich gelandet - bereits wieder den ersten Vorteilen von Singapore nachtrauern. Um mir und Euch dieses Dilemma einmal aufzuzeigen, stelle ich in der Folge die einzelnen Charakteristika eineander gegenüber:

Was ich wieder geniessen werde in der Schweiz:
- Fenster öffnen und kalten Luftzug spüren
- Dämmerungszeit länger als 15 Minuten
- Brot
- Käse, der nicht gleich 8$/100g kostet
- Trottoirs, die überall gleich hoch, gleich breit und gleich gefärbt sind
- gleiches Wetter, wenigstens den ganzen Nachmittag lang
- saubere Kleider nach dem Waschen
- Aromat
- Bett mit Bettgestell
- Frauen, die Schweizerdeutsch sprechen und nicht gerade Mitbewohnerinnen sind
- Nicht-dänisches Bier
- nämlich Feldschlösschen (Witz gemerkt?)
- Wald
- Hautcrème ohne Whitening Effect
- Busse, die regelmässig fahren. Und immer an den gleichen Ort, wenn sie schon die selbe Nummer haben
- Einkaufen ausserhalb von Einkaufscentren
- Aarau mit seinen Jugos (finde den Fehler)
- Autofahren
- Autofahren
- Autofahren
- Skifahren
- Papierchen wegwerfen ohne gleich Stockschläge fürchten zu müssen
- isolierte Häuser (zumindest Lärm)
- Fernsehsender
- 100 Mbit/s Internetleitung
- Kaba Schlüssel
- Herdöpfelgratää
- Zofingia
- Schnee, Jacken und Halstücher
- Gewissheit, dass wenigstens das Wochenende vorlesungsfrei sein wird
- Rechtsverkehr
- 2 Tage hintereinander, die frei sind von Abgabeterminen oder Meetings

Was ich vermissen werde, sobald ich in der Schweiz bin:
- Mit Shorts, Flipflops, Shirt und Sonnenbrille angezogen zu sein
- Singa-Style Ausgang, dh.
- Nicht überlegen, wie man sich anzieht für den Ausgang. Sowieso immer Mocassins, Jeans und Hemd mit 3/4 Ärmeln
- 3 Flat Warm-up Parties gleichzeitig
- Clarke Quay mit Qual der Wahl
- Foreigner-Communities
- am Tisch im Irish Pub mit Franzosen, Brasilianern, Koreanern und Russen beim indischen Kellner in Englisch ein Japanisches Bier mit griechischem Feta und Spanischem Pata Negra bestellen
- Taxi 15min warten lassen während man essen geht (+3 S$)
- McDelivery Service (Liefertaxe +2 S$)
- IKEA 4 min away, Ausgang 2 min, Kollegen-Flats zw. 3 und 10 min, Strand 15 min
- Taxi jederzeit
- Sushi à discretion
- "hütt isch aber no chüel"-"grausam"-"s'sell schins uf 26°C abegoh ufs Wochenänd"
- einen Kopf grösser als alle anderen zu sein
- rauchfreie Clubs!
- Videothek alle 500m
- Kino 5 Franken und in jedem Shoppingcenter vorhanden
- auswärts essen ohne auf den Hund zu kommen
- Efterfesten Singa-Style
- BBQs bei den Norwegern
- Extended Homeparties auf dem Emerald Hill
- 3 Parties am gleichen Abend, die man alle zu Fuss abklappern kann
- Pizza Hut Delivery
- Tiger Beer
- "gömmer uf Laos oder Hanoi das Weekend?"-Attitude
- "hi lady, where'd ya come from?" "ah donc tu parles français?" "non non, Suisse! mais on sait les langues..."
- Singlish
- Sentosa Beach Party
- 100 Eier=3$, 3dl Bier=4.60$
- Chicken Rice @Rivervally
- White Rabbit Sweets
- Singapore's Talent Search
- Grande Mocca Iced Latte im Coffee Bean
- Tenderloin im Barstop@Devonshire
- Linksverkehr
- Aspirin im Kiosk kaufen... zwischen Kondomen und Schoggistängeli

Mittwoch, 28. November 2007

Kritische Betrachtung

Liebe Freunde

Nachdem gestern die Macroeconomics Prüfung an der Reihe war, schrieb ich heute mit dem Exam in Management of People at Work (Organizational Behaviour) meine letzte Prüfung. Heute Abend stand ein vorzügliches Farewell Dinner, gesponsort von der Universität St.Gallen und der Schweizer Botschaft auf dem Programm. Im Beisein einiger befreundeter Singapurer Studenten verabschiedeten wir uns damit offiziell vom Programm des Asiaterms 2007.
Für mich stehen nun ein paar Tage Ferien an, die ich nach dem Stress der letzten Wochen bitter nötig habe. Das kränkliche Gefühl, dass ich momentan verspüre, deutet auf vollste Zustimmung meines Körpers hin.
Am Sonntag geht es dann ab Richtung Jakarta, von dort weiter nach Bandung, wo meine Kollegen Tom, Robert, Mac und ich uns dem Social Enterprise Development Project widmen werden. Ich freue mich auf diese Erfahrung, obwohl es wohl kein Zuckerschlecken werden dürfte, wurden wir doch darauf vorbereitet, dass in Indonesien Rain Season herrscht.
Unsere Gruppe von 17 Studenten wird zuerst nach Bandung im Nordosten von Java verschieben und dort während einer Woche AVOR betreiben. Danach verschieben wir in den Einsatzraum, hoch oben auf dem Vulkan in einem kleinen Dorf, wo wir in einem Haus mit drei Zimmern und ohne Betten untergebracht sein werden. Nach einer Woche Erkundung verschieben wir zurück nach Jakarta, wo wir den Businessplan vorbereiten und diesen dann am 18.12.07 verschiedenen Microcredit Banken präsentieren werden, in der Überzeugung, von diesen unterstützt zu werden. Ob das eintrifft hängt von der Realisierbarkeit unserer Pläne ab.

Da ich mich nun in der Endphase des Terms befinde, mir eine Meinung über Singapur bilden konnte und auch schon verschiedene kritische Stimmen bezüglich meiner Partyfotos vernommen habe, werde ich nun den Singapur Alltag einmal kritisch beleuchten.

Singapur ist ein Disneyland für Erwachsene. Alles ist sauber, die Strassen und Gärten in perfektem Zustand, es herrscht Zucht und Ordnung und jeder verfügt über Unmengen von Cash. Das ist das Äussere, das der Tourist und der Austauschstudent in seiner Frühphase zu Gesicht bekommt. Doch es hat auch seine Kehrseite.
Was macht man in Singapur bei Regen? Shopping. Bei Sonnenschein? Hmm Shopping. Und vielleicht Sport. Aber da man ja nicht nonstop Sport betreiben kann, ist es meistens Lernen, Arbeiten oder aber Konsum jedwelcher Art. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein Materialismus, dessen Wirkung ich unter anderem in der Folge thematisieren werde.

Singapore ist zudem von einer beeindruckenden, wenn nicht beängstigenden Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit. Der Freund von gestern ist morgen bereits auf dem Weg nach Hongkong oder London; INSEAD Studenten, Leute aus dem Mode- und Entertainmentbusiness, Broker, Unternehmer und nicht zuletzt Austauschstudenten bleiben meist zwischen 2 und 6 Monaten, oft auch nur ein Wochenende.
Singapore ist Stopover, Singapore ist Sommer, Singapore ist Ferien und dies widerspiegelt sich auch im Ausgang. Die Parties sind ausgelassen, es wird gefeiert, als gäbe es kein Morgen und meistens gibt es Wiedersehen zwischen alten Freunden, die begossen werden müssen.
Aus diesen Gründen entsteht der Eindruck, die Mehrheit der Leute in Singapore würden Werte wie Freundschaft, Loyalität, Respekt und Bodenständigkeit komplett negieren. Dabei muss man sich allerdings immer in Erinnerung rufen, wie man sich selbst in den Ferien verhält und dass in den Ferien anderes Verhalten bezüglich Konsum und Wertetreue akzeptiert wird.

Aus diesem Grund ist nun aber jeder Vergleich zwischen Singapore und einer Schweizer Stadt bezüglich Verhalten und Konsum im Ausgang vollständig verfehlt. Die grosse Gefahr, der man hier ausgesetzt ist, stellt der Mangel an nötiger Distanz dar. Wer dieses Leben, diese Gesellschaft hier für real hält, hat diese Distanz verloren.
Wer nicht mehr anders kann, als gleich bei Betreten eines Clubs eine Flasche zu bestellen, eine zweite herumzuspritzen und als Begleiterinnen nur dekorative Models zu akzeptieren, wer mit seinen Freunden nicht gemütlich ein Bier trinken und über die Schönheit des Einfachen sinnieren kann, dem hat es den Ärmel reingenommen.
"Statussymbole kann man kaufen, Status nicht" ist dabei das Zitat, das in dem Moment bestätigt wird, da ich in meiner Ruhe vor dem Laptop gerade vom mondänen Lärm zweier Lamborghinis gestört werde. Wer sich über Champagner und Frauen definiert, wer seine Identität in der Anerkennung falscher Freunde sucht und wer das materialistische Denken, das einem hier regelrecht aufgezwungen wird, zur Maxime seines Handelns macht, hat ein Persönlichkeitsproblem.

Diese Sätze tönen vielleicht moral-apostolisch, Kant-geschwängert und akademisch; vielleicht mögen sie Eurem Eindruck meiner Empfindungen hier widersprechen.
Natürlich ist es mir auch fern zu leugnen, dass das Leben im Luxus schön wäre oder dass mir gar Singapore gefallen würde. Mir ist es bloss wichtig festzuhalten, dass mir das Out-of-the-Box-Denken nicht abhanden gekommen ist und ich fähig geblieben bin, den Genuss der positiven Aufwüchse dieses Lifestyles mit Verstand und Kontrolle zu geniessen. Wie schon Globi gesagt hat: "Allzu viel ist ungesund."
Darüber hinaus sind materielle Werte allein nicht der Schlüssel zum Glück. Wer die kürzlich veranstaltete Privatparty und ihre Gäste studiert hat, weiss was ich meine. Böse gesagt war es eine Gesellschaft gespickt mit arroganten, rolextragenden Emporkömmlingen, Drogenhändlern mit wunderschönen aber nicht ansprechbaren Begleitungen und alternden, bonusgeschädigten Privatebankern, die sich zum hervorragenden Sound eines wohl sündhaftteuren DJs gelangweilt die Lampe füllten, in der Hoffnung, das Teuerste vom Teuren werde auch schnell einfahren, auf dass die Stimmung steige.

Sinnbildlich für meinen Überdruss dieses Umfeldes begab ich mich anschliessend in den Studentenclub, wo man noch Bier trinken kann und trotzdem einen Tisch bekommt, wo sich Freunde wiedererkennen, auch wenn eine Woche zwischen dem letzten Treffen liegt.

Nennt mich simpel und provinzlerisch, aber die ehrliche Gesellschaft währt am längsten. In Singapore ist das ok, in Zürich lache ich darüber. Das heisst nicht, dass man keinen Champagner trinken darf, keine schöne Uhr haben soll, nicht Feste feiern und mit verschiedenen Leuten Bekanntschaft machen sollt. Mir geht es nicht darum, was man trinkt, wie man feiert und mit wem dass man auf Freund macht, sondern vor allem warum.

In diesem Sinne hoffe ich, meine Einstellung in angemessenem und treffendem Masse kundgetan zu haben und freue mich, mit Euch bald wieder Party zu machen. Egal ob in Zürich, Aarau oder St.Gallen, Singapore, St. Tropez, Hongkong oder Ibiza - Hauptsache die Einstellung stimmt.

Gruss und sorry für die Weitschweifigkeit!

Michael

Samstag, 17. November 2007

Herbst in Singapore

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Jedenfalls an der Orchard Road, wo die kitschige Weihnachtsbeleuchtung so hell ist, dass die Zürcher Experimentalbeleuchtung wie Waschküchenbeleuchtung erscheint. Die Erhu-Spieler (chinesische Geigen) spielen Oh Du Fröhliche und Stille Nacht in Endlosschleife und von oben brennt die Sonne wie eh und je herunter.
Grund genug, nach einem Monat Sendepause wieder einmal ein Lebenszeichen von mir zu geben.

Der letzte Monat hatte es wirklich in sich. 3 Wochen lang hatte ich ein Stressprogramm, wie man es sich von St.Gallen nicht gewöhnt ist: 16 Tage ohne Pause Uni, meistens von 0800 am bis 0800 pm. Dummerweise mussten wir während dieser Phase noch drei Papers erstellen, eine Finance- und eine Global Human Resources Management Prüfung vorbereiten und hatten auch immer noch viel zu lesen.

Aber das interessiert von Euch ja bekanntlich nur die wenigsten... kommen wir also wieder zum Boulevard!
Beginnen wir mal umgekehrt chronologisch. Gestern war ja bereits die letzte Vorlesung hier an der SMU. Das schreit nach einer Farewell Party Marke Singapore, zugelassen waren nur Exchange Students (dieses Zensusverhalten ist normal in Singapore - schliesslich gibt es auch Clubs, wo Locals mehr bezahlen als Expats). Das Party Thema (auch eine Eigenheit von Singapore - keine Party ohne Thema) war Hollywood und so waren alle poshly dressed, als sie den soignierten, roten Teppich des Timbre Clubs betraten und sich dem Blitzlichtgewitter stellten.















Man beachte den - doch recht signifikanten - Unterschied zwischen Bild 1 und Bild 2. Dazwischen liegen nur ca 2 Stunden.
Den Umgang mit den Austauschstudenten empfinde ich als sehr bereichernd. Nicht nur, dass darunter etliche Däninnen und Schwedinnen zu finden sind, sondern dass von über 80 Nationen Leute da sind, die alle das gleiche Ziel haben: Möglichst viel profitieren vom interkulturellen Austausch. So ergeben sich wunderbare Gesprächskonstellationen wie zum Beispiel gestern mit Dhruv, dem indischen Kollegen, Antti, dem Finnen, einer Taiwanesin namens Xi Lao Ping Pong irgendwas und Justin, dem Kanadier. Und mir. Und wir diskutierten über - na was wohl - China...

Die Woche zuvor war wirklich geprägt durch mühsame, endlose Gruppenmeetings, wo mein Führungsstil nicht immer auf Wohlwollen gestossen ist. Als ich die Leute per E-Mail freundlich darauf aufmerksam machte, dass der Zeilenabstand 1.5, die automatische Erstellung eines
Inhaltsverzeichnisses und APA Zitierstandard eigentlich wissenschaftliche Notwendigkeit seien und dass der Literaturhinweis "Little India by Dr. Siddique" noch nicht ganz hinreichend sein dürfte, erhielt ich folgende Antworten:
Fräulein Jeanette:
"By the way, your last email was unprofessional and completely uncalled for."
Monsieur Jeremy: "It is really not nice if you come in the 11th hour and command us to do this and that."
So viel zu Cultural Learning... jetzt sind ein paar Singapurer
wenigstens ein wenig more familiar mit dem individualistischen, geradlinigen, direkten und zeitweise kompromisslosen Verhalten - schlussendlich wurde nämlich meine Version abgegeben ;)
Wie mein Schwesterlein wieder sagen würde: "Ah you did the Winkelried again!"

Total verärgert ob der frappanten Inkompetenz gewisser Leute startete ich also meinen Samstagabend. Wie er rausgekommen ist, kann sich jeder, der mit diesem Blog etwas vertraut ist, vorstellen. Attica.
Zuerst besuchten Mirjam und ich aber die Hari Kaya Party (oder wie auch immer das indische Fest heisst) bei unserer Agentin zu Hause. Sie ist spezialisiert auf Wohnungsvermittlung an Studenten und hatte deshalb all ihre Studenten-Kunden zu sich
eingeladen, indisch gekocht und flaschenweise Alkohol eingekauft.
Das Fest war toll, mit traditionellem Tanz und Essen, bei wunderschönem Grillwetter.





































Bild 1: Mi&Mi Productions on the road againg = SDVL (Smash-down very likely) :)
Bild 2: Ich biete im Unisport HSG nächstes Semester den Kurs "Indian Dancing, Advanced" an
Bild 3: Es ist sooo heiss in Singapore, dass alle befürchten, irgendwann zu verdursten.
Bild 4: Merlot vs. Cabernet (oder: So viel zum Thema Durst)

Als weiteres schönes Erlebnis ist das Fondue zu erwähnen, dass wir uns doch einmal geben mussten. Gerber persönlich, viel zu wenig, mit Knoblibrot zur Vorspeise. Der Kirsch, den wir bestellt hatten, entpuppte sich als Cocktail-Kirschen-Likör, mitunter das Unpassendste, das ich jemals zu einem Fondue erhalten habe. Dafür gab es 2 Flaschen Weisswein gratis. Es lebe der freie Markt und die grosse Konkurrenz am Boat Quay!















So, Jungs und Mädels, jetzt muss der Michael aber ins Nest. Dummerweise gibt's da noch so ein Learning Journal, das der werte Herr Professor bis Dienstag erwartet, das 25 Seiten zu umfassen hat und von dem ich noch keine Silbe geschrieben habe.
Gute Nacht und bis bald